Merkblatt Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Vertraulichkeit

Die allermeisten Ingenieurbüros, welche traditionell Fremdprüfungen (vormals Fremdüberwachungen) durchführten und führen, verstehen sich als von Liefer- und Bauleistungen unabhängig und nur dem Auftraggeber sowie der zuständigen Behörde verpflichtet. Die Fremdprüfung war und ist traditionell bei einer Baumaßnahme nur mit dieser Aufgabe betraut und führt keine weiteren Leistungen wie Planung, Bauüberwachung oder Eigenprüfung durch. Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Vertraulichkeit waren bereits vor Inkrafttreten des BQS 9-1 bzw. der Akkreditierung nach DIN EN ISO/IEC 17020 ein Markenzeichen einer Fremdprüfenden Stelle.

Seit der Verpflichtung zur Akkreditierung sind durch den BQS 9-1 (Stand 09.04.2014) zwei zusätzliche Kriterien im Hinblick auf die Unabhängigkeit hinzugekommen:

Zur Wahrung der Unabhängigkeit der fremdprüfenden Stelle

a) darf diese nicht mit projektspezifischen Eignungsuntersuchungen und -nachweisen der Planung sowie
der Eigenprüfung im selben Vorhaben beauftragt sein bzw. gewesen sein oder (alt, geändert am 02.12.2015)

b) zeitgleich mit der Eigenprüfung für denselben Auftragnehmer der Bauausführung in einem anderen Projekt beauftragt werden (alt, geändert am 02.12.2015)

Während a mit Ausnahme der Vergangenheitsform im wesentlichen gelebter Standard ist, kann b in einem überschaubaren Marktsegment, mit nur vergleichsweise wenigen, bundesweit agierenden Fachfirmen ein Eingriff in die wirtschaftlichen Belange der Eigen- und Fremdprüfung durchführenden Ingenieurbüros darstellen. Diesbezüglich plädierte der FGDA dafür, dass eine personelle Trennung der Inspektoren ausreichend ist. Dem wurde seitens der LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ gefolgt und im aktuellen BQS 9-1 vom 20.12.2016 heißt es nun:

Zur Wahrung der Unabhängigkeit der fremdprüfenden Stelle

darf diese nicht mit projektspezifischen Eignungsuntersuchungen und -nachweisen der Planung sowie der Eigenprüfung im selben Vorhaben tätig sein oder

dürfen die für die Bewertung der Messergebnisse zuständigen Personen der fremdprüfenden Stelle (Inspektoren) nicht zeitgleich als Eigenprüfer für eine an dem Vorhaben beteiligte Firma in einem anderen Projekt tätig sein.

Projektspezifisch bedeutet hier insbesondere den unmittelbar zeitlich kausalen Zusammenhang. Die Tätigkeit als externer Sachverständiger und Sachkundiger für die LAGA Ad-hoc-AG „Deponietechnik“ ist projektunabhängig und fällt somit nicht unter die vorgenannte Beschränkung von Buchstabe a.

Dieser Regelung in der aktuellen Fassung des BQS 9-1 kann der FGDA uneingeschränkt zustimmen.

Weitaus umfangreicher als der BQS 9-1 greift die internationale Norm DIN EN ISO/IEC 17020 das Thema Unparteilichkeit und Unabhängigkeit unter Punkt 4.1 auf. Neben der Grundsatzaussage unter Punkt 4.1.1 Inspektionstätigkeiten müssen unparteiisch durchgeführt werden, folgen bis Punkt 4.1.6 weitere Anforderungen.

Die Inspektionsstelle muss für die Unparteilichkeit ihrer Inspektionstätigkeiten verantwortlich sein und darf keine kommerzielle, finanzielle oder sonstige Beeinflussung zur Gefährdung der Unparteilichkeit zulassen. Dies ist völlig im Sinne des FGDA.

Die Inspektionsstelle muss Risiken für ihre Unparteilichkeit ständig identifizieren. Dies muss auch jene Risiken einschließen, die aus ihren Tätigkeiten oder aus ihren Beziehungen oder aus den Beziehungen ihres Personals entstehen. Allerdings stellen solche Beziehungen nicht notwendigerweise ein Risiko der Inspektionsstelle in Bezug auf ihre Unparteilichkeit dar.

In einer Anmerkung wird ausgeführt: Eine Beziehung, die die Unparteilichkeit der Inspektionsstelle gefährdet, kann beruhen auf Eigentum, Leitung, Management, Personal, gemeinsam genutzten Ressourcen, Finanzen, Verträgen, Vermarktung (einschließlich Markenpolitik) und der Zahlung einer Provision sowie sonstigen Anreizen für die Empfehlung neuer Kunden usw.

Wird ein Risiko für die Unparteilichkeit identifiziert, so muss die Inspektionsstelle in der Lage sein nachzuweisen, wie sie dieses Risiko beseitigt oder minimiert.

Die Inspektionsstelle muss eine Verpflichtungserklärung der obersten Leitung zur Unparteilichkeit vorweisen.

Die Inspektionsstelle muss bis zu dem Grad unabhängig sein, der im Hinblick auf die Bedingungen, unter denen sie ihre Dienstleistungen ausführt, erforderlich ist.

Des Weiteren wird unter Punkt 4.1.6 in für Fremdprüfende Stellen zwei unterschiedliche Inspektionsstellen, nämlich den Typ A und den Typ C, unterschieden.

Eine Inspektionsstelle vom Typ A muss von den durch die Inspektion betroffenen Parteien unabhängig sein. Dies ist ganz im Sinne des FGDA. Dies muss in einer Analyse der verbundenen Stellen dokumentiert werden.

Die Inspektionsstelle und ihre Beschäftigten dürfen sich nicht mit Tätigkeiten befassen, die die Unabhängigkeit ihres Urteils und ihre Integrität bei den Inspektionen verletzen können. Insbesondere dürfen sie sich nicht unmittelbar mit der Entwicklung, der Herstellung, dem Vertrieb, der Errichtung, der Beschaffung, dem Besitz, der Benutzung oder der Instandhaltung von Gegenständen befassen, die von ihnen inspiziert werden.

In der Praxis bedeutet das nach Auslegung der DAkkS, dass alle Ingenieurbüros die nicht nur Fremdprüfung durchführen sondern auch beraten und/oder planen automatisch dem Typ C zugeordnet werden. Auch wenn dies per se keinerlei Abqualifizierung gegenüber Typ A bedeutet, ist dies rein sachlich für den FGDA nur schwer nachvollziehbar, da Deponien individuelle Bauwerke und keine industriell gefertigten Produkte sind. Wenn die Organisation der fremdprüfenden Stelle an anderen Orten Deponien und deren Abdichtung plant, bedeutet dies somit nicht, dass sie sich in einem anderen Projekt als fremdprüfende Stelle Gegenstände prüft und inspiziert, die von ihr selbst entwickelt, hergestellt, vertrieben bzw. errichtet werden.

Die Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17020 im Anhang A an eine Inspektionsstelle (Typ C) lauten:

Die Inspektionsstelle muss Vorkehrungen innerhalb der Organisation treffen, um eine angemessene Trennung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Inspektion und anderen Tätigkeiten sicherzustellen.

Entwicklung/Herstellung/Vertrieb/Errichtung/Kundendienst/Instandhaltung sowie die Inspektion desselben Inspektionsgegenstandes, durchgeführt durch eine Inspektionsstelle des Typs C, dürfen nicht durch dieselbe Person vorgenommen werden (mit der Ausnahme, dass eine gesetzliche Regelung es einer Einzelperson von einer Inspektionsstelle des Typs C ausdrücklich gestattet).

ANMERKUNG: Inspektionen, die von Inspektionsstellen des Typs C durchgeführt werden, können für dieselben Inspektionstätigkeiten nicht als Inspektionen unabhängiger Dritter klassifiziert werden, weil sie nicht die Anforderungen in Bezug auf Unabhängigkeit der Tätigkeiten für Inspektionsstellen des Typs A erfüllen.

Typ C also im Sinne der internationalen Norm doch nur 2. Klasse? Seitens des DAkkS werden de facto alle Inspektionsstellen als Typ C eingestuft. Einzelne noch existierende Inspektionsstellen vom Typ A sollen im Rahmen der regelmäßigen Überwachungsbegutachtungen auf Typ C geändert werden. Typ A wäre nach der Sichtweise der DAkkS ein unabhängiges Unternehmen, das nichts anderes als Fremdprüfungen durchführt, was einen eher theoretischen als einen wirtschaftlich praktikablen Fall darstellt.

Durch eine Gleichbehandlung aller Inspektionsstellen durch die DAkkS als Typ C hat eine Diskussion darüber, ob Inspektionsstellen nun Typ A oder Typ C sein sollten an Bedeutung verloren. Rein sachlich vertritt der FGDA die Meinung, dass Typ A für die Mehrzahl der Inspektionsstellen angebrachter wäre.

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